Endlich ist es soweit, Sebastian Wolf, der Unerschrockene, aktualisiert seinen Blog. Nach fast vier Wochen Gefangenschaft in einem Hühnerkäfig des Drogenkartells, hat er seine Flucht mit einer als Pistole getarnten Zahnbürste und kugelsicherer Unterwäsche erfolgreich vollzogen und wohnt nun in einer friedlichen Ortschaft namens Masaya in Nicaragua.
Seine Gastfamilie, die Landeros, backt ihm jeden Tag frisches Brot und die lieblich hupenden Taxis wecken ihn morgens sanft, damit er pünktlich um halb acht in der Vorschule Comedor Oscar Arnulfo Romero erscheinen kann.
In Ordnung, die Geschichte geht anders.
Die letzten drei Wochen:
Am 2. Juli mittags in Managua angekommen, holte mich Michael Huhn, bei dem ich die ersten zwei Tage wohnen konnte, vom Flughafen ab. Der erste Schritt aus dem Flughafen fühlte sich für mich an wie der erste Schritt ins Tropenhaus des Palmengarten, heiß und feucht.
Michael lud mich erst mal in die benachbarte Uni, in der er als Umweltingenieur arbeitet, zum Mittagessen ein und ich betrachtete alles und jeden mit großen neugierigen Augen.
Gesättigt von der ersten Portion Reis mit Bohnen(Gallo Pinto) + Hühnchen auf die in der nächsten Zeit noch viele folgen sollten, machten wir uns auf den Weg nach Masaya, das mit dem Auto eine halbe Stunde entfernt liegt. Mein Blick konnte gar nicht alles wahrnehmen, was es zu sehen gab, gleichzeitig bekam ich noch einige Erklärungen von Michael, sodass mein Kopf trotz Klimaanlage ziemlich heißlief.
Ich war froh nach zwei Tagen Fliegen und Flughafen endlich mein Ziel erreicht zu haben. Über die USA zu fliegen war doch nicht so problemlos wie gedacht. Mit Reiseziel Nicaragua war ich für die US-Border-Patrol wohl gleich verdächtig und musst erst mal in einen Extraraum und ein paar Fragen beantworten, was ich denn dort will, wieso ich über die USA fliege und wer ich überhaupt sei. Bei der Ausreise ließ mich die Mitarbeiterin am Check-in dann auch noch mal für 100 Dollar den Rückflug auf einen Tag innerhalb des dreimonatigen Touristenvisums umbuchen, weil sie meinte, dass ich ansonsten nicht einreisen könne, was aber, wie sich herausstellte, kein Problem gewesen wäre.
Die Reise hatte mich doch ziemlich geplättet, sodass ich als wir mit dem Auto in Masaya ankamen, gar nicht mehr viel unternehmen wollte.
Am nächsten Tag machte ich mich dann mal alleine in Richtung Parque Central auf und ließ die Umgebung auf mich wirken und das tat sie ziemlich intensiv. Für mich, da ich noch nie selber in einem ‚Dritte-Welt-Land’ gewesen bin, war der Wohlstandsunterschied, der sich durch viele, viele Merkmale zeigen kann, sehr einnehmend. Die Hitze und der Zeitunterschied gaben ihr Übriges dazu, sodass ich mich wie niedergeschlagen fühlte. Ich wanderte durch die Straßen und musterte die Häuser und Leute und die Leute musterten mich. Plötzlich endete die Straße und es tauchte ein Abgrund auf, weit unten sah ich die Laguna de Masaya umgeben von weitem Grün mit Erhebungen und Vulkanen am Horizont. Wie ich später erfuhr nennt sich dieser Ort el malecon und ist eine wunderschöne Aussichtsstelle. Aufgemuntert von dem tollen Ausblick machte ich mich auf den Heimweg, den ich wie zu erwarten erst nach kurzem Herumirren fand.
Am Mittwoch erreichten dann die Teilnehmer der Begegnungsreise Masaya und wir feierten Willkommensparty in Michaels Restaurant, der Jarochita. Auch die zukünftigen Gastgeber waren eingeladen und ich lernte die Landeros kennen.
Die nächsten drei Wochen nahm ich an der von Brigitte Fischer, Michael Huhn und Isolina, einer Lehrerin aus Masaya, organisierten Reise teil.
Bei dieser Reise besuchten wir in und um Masaya viele Projekte und Institutionen, von denen viele vom Monimbó-Verein unterstützt werden und führten Unterhaltungen mit den Mitgliedern. Dabei erfuhren wir sehr viel über soziale Arbeit in Masaya und lernten die Probleme der Menschen und des Landes kennen. Auf dem Programm stand sogar auch ein Besuch beim Bürgermeister und bei einer weiterführenden Schule. Außerdem besichtigten wir Léon, Granada und Managua, fuhren an den Pazifik und auf Ometepe und bestiegen drei Vulkane. Die drei Wochen waren gefüllt mit interessanten Programmpunkten und schönen Ausflügen auf der sich die Gruppe von Lehrern, Schülern und Bürgern besser und besser kennen lernte und zusammenwuchs, sodass am Ende der Abschied schwerfiel.
Für mich bedeutete der Abschied der Gruppe gleichzeitig der Beginn meiner Arbeit in Masaya.
Die Vorschule hatte ich schon vorher zweimal besucht, wobei wir einmal mit einer großen sehr rührenden Willkommensveranstaltung begrüßt wurden. Der Abschied war am Samstag den 22. Juli und ich hatte noch zwei Tage mich von dem ganzen Trubel auszuruhen und innerlich auf Montag vorzubereiten. Diese Zeit hieß ich für den Zweck sehr willkommen und freute mich auf den Tag. Ich verarbeitete die letzten drei Wochen ein wenig in denen ich wirklich sehr viel erlebt und gesehen hatte, dass sich in kurzer Zeit gar nicht ganz beschreiben lässt. Wer mehr zum Verlauf der Reise erfahren möchte, kann entweder eine Kurzzusammenfassung auf der Homepage der Nell-Breuning-Schule lesen, oder sich eine Auswahl von Daniels und meinen Bildern der drei Wochen anschauen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch mal ein Dank an Brigitte, Michael, Fatima und Isolina ausdrücken, die alles super organisiert haben und dafür viel gearbeitet haben. Es war ein sehr schöner Einstieg in meine Zeit hier und ich denke alle Teilnehmer haben nun einen guten Einblick bekommen, wie Nicaragua ist und können diese Erfahrung zu Hause weitergeben. Besonders gut gefiel mich der Charakter der Reise, der passend mit der Bezeichnung als Begegnungsreise beschrieben wird.
Im nächsten Post plane ich eine kurze aber pikante Demonstration von Unterschieden zwischen Nicaragua und Deutschland und ein paar mehr Impressionen, die ich in der Kürze nicht gut unterzubringen wusste.
Natürlich werde ich dann auch endlich mal auf den eigentlichen Sinn des Ganzen eingehen, nämlich meine Arbeit hier, die ich diese Woche begonnen habe und, soviel verrate ich schon, mir gefällt.
Bis dahin, muchos recuerdos de Nicaragua,
Sebastian